Arzt an Bord

Zu Risiken und Nebenwirkungen…..


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Krankheit der Woche XVIII: Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel

Krankheit der Woche

BENIGNER PAROXYSMALER LAGERUNGSSCHWINDEL
BPLS, Cupulolithiasis, Canalolithiasis

Was ist das und wie entsteht es?

Das Gleichgewichtsorgan in unserem Innenohr ist ein Wunderwerk der Physik. Drehbewegungen werden durch ein auf Massenträgheit beruhendes Prinzip wahrgenommen. Das sog. Bogengangsorgan besteht aus 3 fast kreisförmigen Gängen, die senkrecht aufeinander stehen und mit Flüssigkeit (Endolymphe) gefüllt sind. In diese Flüssigkeit ragen die Sinneszellen umgeben von einer gallertigen Substanz (Cupula), die dichter und schwerer ist als die Endolymphe. Bei Bewegung gerät die Flüssigkeit in Bewegung, wodurch die Cupula und mit ihr die Sinneszellen eine Scherkraft erfahren, die zur Signalweiterleitung ins Gehirn führt.
Eine Aussackung am Ende der Bogengänge dient zur Wahrnehmung von gerade gerichteter Beschleunigung, sowohl horizontal als auch vertikal. Auch hier sind die Sinneszellen von einer Gallerte umgeben, die aber zusätzlich durch kleine Kristalle (Otolithen) verstärkt ist um eine höhere Trägheit zu erreichen.

Löst sich nun einer dieser Otolithen und gerät in einen der Bogengänge (Canalolithiasis) reizt er dort im Vorbeischwimmen fälschlicherweise die Cupula und gaukelt dem Körper vor er befände sich in einer Drehung. Die Augen nehmen diese jedoch nicht wahr und das Gehirn verabreitet die gegensätzlichen Impulse zu einem Gefühl des Schwindels. Bleibt der Körper ruhig, legt sich der Otolith nieder und der Impuls verschwindet. Bei erneuter Bewegung des Kopfes wird er wieder „aufgewirbelt“ und es kommt erneut zu Beschwerden.

Was merkt man?

Das Hauptsymptom ist eine lage- bzw. bewegungsabhängiger Schwindel, der einige Sekunden nach Bewegung des Kopfes einsetzt und nach kurzer Zeit wieder verschwindet. Verbunden ist dieser Drehschwindel mit Übelkeit, die so stark sein kann, dass die Patienten auch erbrechen. Am stärksten sind die Symptome typischerweise am Morgen, bei den ersten Bewegungen nach dem Aufwachen.
Bleibt die Erkrankung länger unbehandelt, gerät zunehmend das ganze Gleichgewichtssystem des Patienten durcheinander und es entwickelt sich eine Gangunsicherheit.

Wie stelle ich es fest?

Häufig ist bereits die typische Anamnese kurzer Drehschwindelattacken bei Kopfbewegung fast ausreichend zur Diagnosestellung. Ergänzend führt man eine sog. Lagerungsprobe nach Dix-Hallpike durch. Dabei wird der Patient mit zur kranken Seite gedrehtem Kopf plötzlich aus sitzender Haltung nach hinten gelegt. Mit einigen Sekunden Verzögerung zeigt sich ein rotatorischer Nystagmus, eine krankhafte Augenbewegung, die dann wieder abklingt. Solange der Nystagmus anhält besteht beim Patienten ein Gefühl der Übelkeit.
Klingen Übelkeit und Nystagmus nicht wieder ab hat sich der Otolith wahrscheinlich in der Gallerte der Cupula verfangen und reizt die Sinneszellen anhaltend (Cupulolithiasis).

Diese Lagerungsprobe testet den hinteren Bogengang, der in 90% der Fälle für einen benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel verantwortlich ist. Zur Prüfung des lateralen Bogengangs verwendet man das Barbecue-Maneuver, bei dem der Patient aus dem Sitzen mit zur Gegenseite gedrehtem Kopf auf die kranke Seite gelegt wird. Dadurch lassen sich Sypmtome und Nystagmus provozieren.

Was kann man tun?


Das Problem lässt sich sehr einfach beheben, indem man den Otolith-Kristall wieder aus dem Bogengang entfernt. Dies geschieht nicht chirurgisch sondern durch ein recht einfaches Lagerungsmaneuver. Eine Möglichkeit ist das Epley-Maneuver, bei dem der Therapeut den Patienten zunächst mit gedrehtem Kopf nach hinten beugt (genau wie die Lagerungsprobe nach Dix-Hallpike), anschließend im Liegen den Kopf des Patienten zur Gegenseite dreht und dann den gesamten Patienten auf diese Seite legt. Zum Abschluss setzt sich der Patient mit immer noch gedrehtem Kopf auf. Um die Lösung des Otolithen zu unterstützen kann zusätzlich im Liegen der Knochen hinter dem betroffen Ohr beklopft werden.


Alternativ gibt es das Semont-Maneuver bei dem der Patient aus sitzender Position zunächst bei zur gesunden Seite gedrehtem Kopf mit dem Oberkörper zur erkrankten Seite gelegt und nach einer Minute schwungvoll zur Gegenseite.

Beide Maneuver haben eine Erfolgsrate von 80%. Auch nach erfolgreicher Therapie besteht jedoch stets ein Wiederholungsrisiko, sodass man nicht von einer endgültigen Heilung sprechen kann. Patienten mit häufigen Rückfällen können diese Maneuver in modifizierter Form zur Eigentherapie erlernen.

Diese Information ersetzt keinen Arztbesuch und erhebt keinen Anspruch auf  Richtigkeit oder/und Vollständigkeit.

– Spekulantin


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Wie ein richtiger Arzt

Bevor ich es überhaupt richtig mitbekommen habe, ist plötzlich das letzte Tertial über mich hereingebrochen. Und das gleich richtig! Ihr habt es daran gemerkt, dass in den letzten Wochen nichts von mir zu lesen war. Wofür ich mich hiermit auch herzlich entschuldigen möchte.

Die Innere ist einfach anders. Manche sagen, sie wäre die einzig wahre Form der Medizin. So weit würde ich nicht gehen, aber zumindest während des PJs habe ich in der Inneren zum ersten Mal das Gefühl richtig Medizin zu machen.

Das fängt schon damit an, dass ich am ersten Tag meines Innere-Tertials nach fast 30 langen Wochen endlich mein Stethoskop aus den dunklen Tiefen meines Spinds befreien konnte. In der Gyn beschränkte sich die Untersuchung auf die Geschlechtsorgane und damit für mich vornehmlich aufs Zuschauen. Und selbst wenn, bei der Untersuchung der Brustdrüse hilft ein Stethoskop nicht sonderlich weiter. In der Chirurgie hatte ich tatsächlich 2 oder 3 Mal einen Bauch abgehört. Irgendwo im Stationsstützpunkt hing dafür auch Stethoskop, an dem sich jeder bediente, wenn es denn tatsächlich von Nöten war.

Jetzt aber, jetzt ringelt sich schick der blaue Schlauch auf der stolzgeschwellten Brust und ich mache so aufregende Dinge wie Herzgeräusche bis in die Achselhöhle zu verfolgen. Ich verzweifle fast am Unterschied von Rasselgeräuschen und Knistern über der Lunge und trotzdem ist es toll. Mit dem Stethoskop um den Hals fühlt man sich schon fast kompetent. Und wird tatsächlich auch anders wahrgenommen.

Letzteres mag vielleicht auch am langen weißen Kittel liegen, der in der Inneren effektvoll hinter mit herflattert. Wenn du dreimal am Tag in den OP und wieder zurück musst, ist jedes zusätzliche Kleidungsstück in der Umkleide nur lästig. Aber jetzt stehe ich vor dem Problem, wohin mit den ganzen tollen Utensilien, wenn nicht in die Kitteltaschen. Dank Stauschlauch, EKG-Lineal, Lampe, Stationsliste(n), Arzneimittelpocket und tausend anderen Kleinigkeiten quellen die Taschen beinahe über. Und wie gesagt, wenn ich mit Kittel und Stethoskop das Patientenzimmer betrete, dann werde ich immerhin nur noch von der Hälfte der Patienten mit „Ah, Schwester, gut, dass Sie kommen!“ begrüßt. Kleider machen nunmal Leute.

Aber es ist nicht nur das Äußere. Innere-PJ in Unserer Kleinen Klinik bedeutet tatsächlich fast vollwertige Mitarbeit. Das reicht von der Aufnahme und Untersuchung der Patienten, über die Anmeldung von Untersuchungen, die Visisten bis hin zum Briefe schreiben. Ich tue genau das, was die Stationsärzte auch tun, ich habe sogar meine eigenen Patienten, für die ich verantwortlich bin. Natürlich ist stets ein Assistent in der Nähe, den man fragen kann und der das Ganze nochmals absegnet, aber genau so soll es ja auch sein. Und genau so lernt man ja auch überhaupt etwas.

Es ist etwas völlig anderes zu wissen, womit man einen Bluthochdruck so alles theoretisch behandeln könnte. Aber wenn du dir mal ganz gezielt und praktisch überlegen musst, was du denn in welcher Dosierung bei den patienteneigenen Nebenerkrankungen tatsächlich als erste Wahl verschreibst… Sagen wir mal, ich bin froh, dass mir da jemand auf die Finger schaut. Und dann macht es Spaß, sehr viel sogar.

Aber mit den Rechten kommen auch die Pflichten und so endet der Tag eben erst, wenn die Entlassungen für den kommenden Tag vorbereitet sind und die Röntgenbilder besprochen und nicht, wenn der Zeiger auf die 4 rückt. Aber auch die Überstunden gehören zum „richtigen Arzt-Sein“ wohl dazu.

– Spekulantin


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Diagnoserätsel: Komplizierter Verlauf

Das folgende Bild stammt von einem 56-jährigen Patienten, der sich in Unserer Kleinen Klinik einem großen Baucheingriff unterzogen hatte. 1 Woche nach der Operation gab er zunehmend Bauchschmerzen an, die zuletzt nur mit Opiaten beherrscht werden konnten. Immer wieder kam es zu kurzen Fieberschüben. Außer steigender Entzündungswerte blieben die Laborparamter die gesamte Zeit stabil. Nach einer zunächst unauffälligen Ultraschalluntersuchung entschloss man sich 2 Tage später bei anhaltenden Beschwerden zur Durchführung eines CTs.

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