Der nachfolgende Text entstammt ebenfalls einer Mail einer deutschen Medizinstudentin, die für ihr Studium nach Rumänien ging und von dort ihre Erlebnisse schildert. Weil mich die Mail und deren Inhalt emotional sehr bewegt hat, erlaube ich mir (nach Rücksprache mit der Autorin und kleinen Änderungen zur Wahrung der Anonymität), Auszüge aus ihrem Text für euch zu veröffentlichen, um euch zu zeigen, wie Medizin anderswo abläuft.
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Rassismus ist hier ein großes Thema. Für die Rumänen natürlich nicht, aber als Außenstehender schon. Nicht nur, dass hier Studenten die eine dunklere Hautfarbe haben oft viel mehr Fragen bekommen im Vergleich zu mir, sondern es trifft vor allem die Roma.
Täglich kann man beobachten, dass sie schlechter behandelt und weniger respektiert werden. Es kommt vor, dass Ärzte Roma Patienten anherrschen sie sollten gefälligst das Nachthemd wechseln, wenn Flecken drauf sind und wie das denn aussähe… man wäre ja hier nicht bei den Hotten Totten.
Oder Patientinnen werden im Kreissaal angeschrien, sie sollen sich nicht so anstellen und endlich aufhören zu jammern, während sie ihr Kind bei der Geburt herauspresst. Oder wenn sie so einen Schnitt bei der Vagina bekommen [Anm. d. R. „Dammschnitt“] um den Geburtskanal zu erweitern, wird bei rumänischen Frauen lokal anästhesiert und bei Romas einfach ohne Betäubung geschnitten. Beim anschließenden zusammennähen nach der Geburt wird den Rumänen tendenziell mehr Schmerzmittel und Betäubung gegeben als den Romas.
Roma sind hier einfach nichts wert. Jeder Rumäne sagt dir, man müsse sich vor ihnen in Acht nehmen und auf Nachfrage kann man dir dann aber nur eine Geschichte von der Nichte ihres Onkels von der Großtante 3. Grades erzählen. Keiner gibt Roma eine Chancen, geschweige denn eine Arbeit (da lassen sie die Stelle lieber unbesetzt). Sie werden von vornherein oftmals in Behindertenschulen gesteckt (wenn sie eine weiterführende Schule besuchen), weil keiner mit ihnen was zu tun haben will. Das alles spiegelt sich auch in der folgenden Begebenheit wider, die einem meiner Kollegen in seiner Nachtschicht passiert ist.
Da war eine junge schwangere Roma, 14 Jahre alt, wenn ich mich recht erinnere, die eingeliefert wurde weil sie Wehen hatte. Es wurde beschlossen einen Kaiserschnitt zu machen (aus einem gerechtfertigten Grund) und ihr sollte eine Spinalanästhesie gelegt werden. Immer, wenn man versuchte die Nadel zu legen, stand sie auf vor Angst. Nach dem zweiten Mal drohte ihr die Ärztin, dass wenn sie das noch mal machen würde, sie die Patientin schlägt. Beim nächsten Versuch stand sie wieder auf und die Ärztin schlug ihr mit der Rechtfertigung, dass das das Einzige sei, was diese Leute verstünden, ins Gesicht.
Irgendwann lag dann die Anästhesie und der Kaiserschnitt wurde durchgeführt. Währenddessen regte sich die Ärztin sich die ganze Zeit weiter auf und beschloss dann eigenmächtig das Mädel zu sterilisieren. Mit der Begründung, dass sie diese Leute nicht mehr ertragen könne und die ja sonst bis sie 20 ist schon 6 Kinder hätten. Es gab keine Einwilligung zur Sterilisation von Seiten des Mädel oder ihrer Erziehungsberechtigten und keiner hat es ihr danach gesagt.
Das ist doch absolut unfassbar.
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– Orthopaedix
31. Januar 2014 um 18:10
😦
Fällt mir absolut nix zu ein… Zum kotzen
31. Januar 2014 um 18:27
bin einfach nur sprachlos… ohne Worte…
31. Januar 2014 um 20:16
http://www.humanrights.ch/de/Instrumente/UNO-Organe/CEDAW/Rechtsprechung/idart_6101-content.html
Es tut mir leid, aber jetzt muss ich als bisher stummer Mitleser doch auch mal einen (nicht unbedingt freundlichen) Kommentar abgeben. Ich bestreite nicht, dass der Hass gegen Roma in Rumänien groß ist. Aber wer im Falle einer Zwangssterilisation das ganze einfach so auf sich beruhen lässt und keine weiteren Schritte einleitet (auch als ausländischer Student) macht sich meiner Meinung nach selbst zumindest teilweise mitschuldig. Das ist etwas anderes als unfreundlicher oder grober Umgang in der Ambulanz. Das ist Eugenik.
Nun ist das ganze nur etwas, was „einem Kollegen in der Nachtschicht passiert ist“. Ich weiß nicht, wie zuverlässig diese Quellen sind. Ich hoffe inständig für mich, dass da jemand übertreibt. Aus dem Artikel geht auch nicht hervor, ob das ganze nun wirklich erfolgt ist. Aber falls dem so ist, dann gehört so etwas nicht nur hier ins Blog, sondern definitiv ein paar Instanzen höher.
Es tut mir leid, nehmt das bitte nicht persönlich. Aber ich finde man sollte so etwas nicht nur hier in anonymer Form anprangern und dann Kommentare abwarten, wie schlimm denn das ganze ist.
31. Januar 2014 um 20:26
vielen dank für deinen Kommentar! Ich werde deine Anregung und Gedanken so an den ursprünglichen Verfasser des Textes weiterleiten, der vor Ort die entsprechenden Dinge bewegen kann. Wie du sagtest: es ist hier nur ein Zitat eines Textes, den ich erhalten habe – und wie groß der Faktor „ein Kollege hat von einem Kollegen gehört, dass dessen Kollege…“ ist, wissen wir letztlich nicht. Alles in allem jedoch zeigt der Artikel, wie sehr Diskriminierung verbreitet ist….
24. Februar 2014 um 02:14
Wenn der Verfasser dabei war, verstehe ich nicht, warum er/sie nicht zu mindestens versucht hat schon in der Situation einzuschreiten, die Polizei zu verständigen etc…(Auch wenn das am Ende alles scheitert, weil man nicht ernst genommen wird etc.., hat man doch alles getan…)
Natürlich sollten auch jetzt noch rechtliche Schritte eingeleitet werden…
Ich verstehe nicht, dass man bei einem 14 Jährigen Mädchen, das vermutlich „verheiratet wurde“ und nicht mal wirklich viel für die Situation kann, so wenig Empathie aufbringt…
Die Roma werden ja auch in Deutschland immer nur als faule, klauende Bande dargestellt und die 10-13 jährigen Kinder als notorische Kriminelle…, weil sie eben oft Diebstähle/Überfälle begehen müssen…, da sie noch nicht strafmündig sind…Auch hier stehen Erwachsene oder organisierte Kriminalität dahinter…:
1. Februar 2014 um 12:56
Ich kann Schneemann in alle recht geben: so etwas gehört angezeigt. Und wenn das aufgrund des herrschenden Rassismus nicht von staatlichen Stellen weiterverfolgt wird, so müsste es weiterhin unter den entsprechenden Beweisen wenigstens an eine NGO weitergeleitet werden, die sich darum weiter kümmern könnte. Weiterhin ist zu fragen: Warum wurde das der PatIn nicht erzählt. Und ist es wirklich eine Habe-ich-gehört-Geschichte? Soweit ich Krankenhäuser kenne, sind habe-ich-gehört-Geschichten auf weiteres Nachfragen mindestens bezüglich der handelnden Personen zu identifizieren. Und da darf man nicht daneben stehen und die Schultern zucken. ÄrztIn sein sollte mehr sein als zuschauen und die Schultern enttäuscht heben.
1. Februar 2014 um 14:16
Wow. Das ist wirklich bitter. Dann wundert einen aber auch der Umgang mit Tierschutz in Rumänien wenig, wenn schon Mitmenschen wie Dreck behandelt werden… Finde die Anmerkung von Schneemann aber auch sehr richtig.
2. Februar 2014 um 11:32
Das ist etwas, was Deutschland Gott sei Dank lange überwunden hat.
Und natürlich sollte man etwas dagegen tun!
Aber zu sagen „die, Die das erleben, müssen was tun!!“ Finde ich ziemlich begrenzt beleuchtet.
Entschuldigt, aber denkt ihr, dass das moralisch korrekte Handeln dort so einfach ist?
Wahrscheinlich gäbe es dort nichteinmal eine Handhabe gegen die Diskriminierung der Roma, der Polizei wird das herzlich egal sein, die Ärztin wirs dem Studenten so viele Steibe in den Weg legen, wie es nur geht.
Ich denke, dass dort der Studienplatz (sprich die berufliche Zukunft) der Betroffenen auf dem Spiel steht, wenn nicht sogar die körperliche Unversehrtheit!
Das macht es nicht weniger falsch, nichts gegen so eine menschenverachtende Handlung zu tun.
Aber man sollte versuchen das Schweigen zu verstehen, anstatt es nur anzuprangern.
Das Posten in einem Blog ist der erste Schritt. Hoffen wir, dass weitere dazukommen…
Danke für diesen Beitrag!
4. Februar 2014 um 01:27
Ich würde auch, wenn überhaupt, die deutsche Partneruni informieren.
4. Februar 2014 um 01:37
Der Artikel bringt (leider) schön zur Sprache, warum es eine Zuwanderung dieses Volksstammes mach Europa gibt. Allerdings finde ich (nach gelegentlichem Konsum von TV-Sendungen über die Roma) auch einige Verhaltensweisen sehr schräg, vor allem die junge Verheiratung. Es gibt sicher nicht nur eine Handvoll weiblicher Teenager, die ohne Kenntnis der deutschen Sprache hinter verschlossenen Türen leben. Als Ehefrauen, mit 12 oder 13 Jahren. Ohne weiteren Schulbesuch.
So leid es mir um das im Artikel beschriebene Mädel tut, ich kann die Ärztin teilweise verstehen.
17. Februar 2014 um 20:29
Du würdest so einen Vorfall „wenn überhaupt, dann an die deutsche Partneruni melden“ und „Du kannst die Ärztin teilweise verstehen“?
Dir ist hoffentlich schon klar, dass Du für Eugenik und Selbstjustiz und gegen demokratische und menschenrechtliche Grundprinzipien bist?
Ich bin ehrlich sprachlos! Hoffen wir, dass Du oder Deine Kinder solche Gedankengänge nie als in die Tat umgesetzt erleben müssen. Ich dachte, dieses Kapitel sei zumindest in unserem Land endgültig vorbei, aber das war wohl eine heftige Illusion? Oder ist der Geschichtsunterricht nicht nachhaltig und eindrücklich gewesen? Waren Euthanasie, Zwangssterilisation und das Gesetzt zum Schutz vor lebensunwertem Leben nicht Gegenstand?
Es ist schlimm genug, dass derartige Dinge immer noch passieren. Sie aber auch noch verständnisvoll abzusegnen, das lässt mich verständnislos den Kopf schütteln!
19. Februar 2014 um 13:53
Ja, unter dem Eindruck der folgenden Sendungen schon:
http://www.vox.de/medien/sendungen/18e01-c9b60-ad56-69/junge-roma-in-deutschland-tradition-ist-alles.html
http://www.ardmediathek.de/ndr-fernsehen/die-reportage/auf-der-flucht-vor-armut-roma-in-hamburg?documentId=19703430
Es belustigt mich, dass Du mich deshalb in eine braune Ecke zu schieben versuchst. Aber wenn Du der Meinung bist, dass Du das Unrecht, das dort unten geschieht, so lösen kannst, dann … träum einfach weiter. 🙂
4. Februar 2014 um 21:33
In meinem chirurgischen PJ an einer Klinik in Berlin (also Deutschland) habe ich mitbekommen, dass eine Roma-Patientin von der „Haube-tragenden“ Stationsschwester geschlagen wurde, weil sie ihre Suppe mit den Fingern gegessen hat. Ich habe den Vorfall dem leitenden Oberarzt gemeldet, der daraufhin gar nichts gemacht. Das ist zwar schon ein bisschen her. Aber ich glaube kaum, dass der Rassismus au deutschen Krankenhäusern verschwunden ist.
4. März 2014 um 16:09
Abseits von Rassismus möchte ich Euch einladen, am Klinikalltag mit interssanten Fällen teilzunehmen: notfallambulanz.blogspot.com