Nein nein, keine Sorge, ich hab mich nach meinem letzten Tertial nicht in die Südsee abgesetzt, um zu surfen statt zu lernen. Die Wellen um die er hier gehen soll, sind Ultraschallwellen. In der Medizin kann man sie für verschiedene Untersuchungen nutzen, die dann alle auf „-Sonographie“ enden.
Wahrscheinlich hat das jeder von euch schon einmal gesehen: Griselig grau-schwarz-weiße Bilder, die sich die ganze Zeit bewegen und eigentlich überhaupt nicht aussehen, als würden sie ein paar Organe darstellen. Und wenn, dann offenbar nur verzerrt und unscharf. Vor ein paar Jahren hätte ich euch da absolut zugestimmt. Aber mit ein bisschen Training taucht aus den grauen Tiefen dann doch irgendwann ein Bild auf.
Mittlerweile bin ich in der Lage die einzelnen Bauchorgane selbst zu finden und zu einem geringen Grad zu beurteilen. Die Leber ist viel heller grau als die Niere – offenbar eine Leberverfettung. Da befindet sich eine schwarze Fläche hinter der Blase – das ist Flüssigkeit und die gehört da definitiv nicht hin. Ich kann die Blase sogar vermessen und ihr Volumen berechnen. Und das ist der Punkt, an dem es anfängt Spaß zu machen.
Auf Station machen wir immer mal wieder eine kurz Ultraschalluntersuchung am Patientenbett, meist zur Darstellung der Nieren um einen Harnstau auszuschließen. Meine Patienten müssen dann meistens ein paar Minuten länger liegen, weil ich auch noch versuche den restlichen Bauch zu schallen. Das ist it dem alten ausgemusterten Stationsgerät allerdings eine echt Herausforderung.
Die wichtigen Sonographien finden in der Ambulanz statt. Dort sitzt ein Oberarzt, der den ganzen Tag nichts anderes tut, als sonographieren, sonographieren und sonographieren. Natürlich mit einem bedeutend besseren Gerät, dem Ferrari unter den Ultraschallgeräten quasi. Und vor allem mit bedeutend mehr Sachverstand und Routine. Und so bringen die Patienten dann immer wieder Befunde mit auf Station, auf denen Sätze stehen wie „Gastroenteritis – kein norortypisches Bild“. Man kann den Erreger einer Magendarmgrippe ernsthaft mit dem Ultraschall diagnostizieren?! Das ist ziemlich unglaublich!
Also versuche ich einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und begeleite den nächsten Patienten einfach mal zu seinem Sonotermin. Es ist tatsächlich faszinierend, was Dr. Sono da so macht. Schon klar, dass er nicht mehr 2 Minuten damit verbringt die linke Niere zu suchen. Aber wie er aus der Durchblutung und der Größe der Rinde die Pathologie abschätzt… Noch nie vorher habe ich tatsächlich Dinge, wie das „Doppelflintenphänomen“ gesehen, die jedes Lehrbuch einem um die Ohren wirft…
Ich habe Blut geleckt und Dr. Sono hat offensichtlich Spaß daran sein Wissen mal ganz direkt zu teilen. Als ich anfange regelmäßig wieder zu kommen, wenn auf Station nichts zu tun ist, bekomme ich immer öfters den Ultraschallkopf in die Hand gedrückt. „Fangen Sie schonmal an, ich diktiere noch den Befund.“ Und irgendwann bin ich tatsächlich in der Lage Gallensteine zu erkennen und Gefäße zu verfolgen. Als ich allerdings den ersten Bauchspeicheldrüsentumor meines Lebens diagnostiziere, bemerke ich es nicht einmal, weil mir gar nicht bewusst ist, dass die Bauchspeicheldrüse überhaupt im Bild ist…
Es bleibt also noch Luft nach oben, aber vielleicht werde ich irgendwann auch einmal in der Lage sein aus ein paar grauen Flächen nicht nur sicher den Darm zu erkennen, sondern auch gleich anhand der Veränderungen einen Morbus Crohn zu diagnostizieren. Vielleicht… Bis dahin werde ich eben weiter zuschauen und staunen.
– Spekulantin
5. August 2013 um 16:38
Und wenn Du dann auch noch sagen kannst, was der Patient am Tag zuvor gegessen hat, bekommst Du den Sono-Oskar! 😉
5. August 2013 um 20:56
Ultraschall ist cool, auch wenn ich nie was drauf erkenne 😉
6. August 2013 um 09:16
Was ist denn auf dem Bild zu sehen?
7. August 2013 um 20:54
Nach einem einigen Monaten in der Kardiologie mit jedem Tag ca 20 Echos kann man schon Größen schätzen und Veränderungen sehen. Und das ist toll!
7. August 2013 um 23:32
Ich (und mein Schilddrüsenrest) war(en) letztens auch wieder mit einem Ultraschallgerät (und einer bedienenden Ärztin) verabredet. Da wird ja auch vermessen usw. Faszinierend, dass das klappt – ich guck ja schon gern mal hin, aber welche Achse wann dran ist, weiss ich natürlich nicht.