Nach einer Phase in der ich Falknerin mein Berufswunsch Nummer 1 war, wurde mir eigentlich schon früh klar, dass ich Medizin studieren wollte. Hierfür gab es weder ein Schlüsselerlebnis noch elterliche Berufsvorbilder…vielleicht hatte ich in einer prägenden Phase einfach etwas viel Scrubs geschaut. Das Endziel des Studiums stand also fest: Arzt werden. Heute, wenn man dieses Ziel fast erreicht hat, müssen allerdings noch weitere Entscheidungen getroffen werden, die man 6 Jahre lang gemütlich vor sich her schieben konnte – „Es ist ja noch soo viel Zeit, bis es bei mir soweit ist“.
Da stellt sich zunächst die Grundsatz-Frage: kleines Haus oder Uniklinik? Das kleine städtische oder gar kirchliche Krankenhaus mit der Grundversorgung der Patienten, in dem sich jeder kennt – eine große Familie und nicht einer von 50 Assistenzärzten der Abteilung. Oder doch lieber die Uniklinik mit hochspezialisierter Medizin auf neustem wissenschaftlichen Stand – Engagement in Lehre und Forschung (möglichst in der „Freizeit“) sind eine Selbstverständlichkeit. Für mich persönlich hat sich spätestens während meiner Doktorarbeit herauskristallisiert, dass es mich an die Uniklinik zieht. Lehre macht mir Spaß und Forschung begeistert und fasziniert mich immer wieder aufs Neue.
Doch dann stellt sich unweigerlich die nächste und alles entscheidende Frage: „Welche Fachrichtung darf’s denn sein?“ Was einfach klingt ist so unglaublich schwer. Die meisten von uns wussten zu Beginn des Studiums ganz genau, welche Fachrichtung sie später einmal einschlagen wollten. Doch die wenigstens haben diesen Zukunftsplan über die 6 Jahre Studium unverändert beibehalten.
Ich persönlich wollte Gynäkologin werden. Doch obwohl ich dieser Fachrichtung im Rahmen von Blockkurs, Pflegepraktikum und Famulatur immer wieder neue Chancen einräumte, kristallisierte sich schnell heraus, dass schwangere Frauen und ich einfach nicht kompatibel sind. Im Rahmen der nächsten Famulaturen durchwanderte ich daher eine bunte Mischung an Fachrichtungen – von der Mikrobiologie über die Radiologie bis hin zur plastischen Chirurgie war fast alles dabei. Das Problem war nur: irgendwie hat mir (fast) alles immer Spaß gemacht. So hat doch jede Fachrichtung (vielleicht mit Ausnahme der Anästhesie) ihre ganz eigene Faszination: Die Gynäkologie mit ihrer Kombination aus internistischer und chirurgischer Tumorbehandlung; die Innere Medizin mit dem Dr.House/Rätselraten-Effekt; die Chirurgie mit ihrem „Heilen mit den eigenen Händen“; die Dermatologie mit dem blumigen Beschreiben der Hautveränderungen, die normale Menschen nicht voneinander unterscheiden können (um dann letzten Endes doch immer eine Kortisonsalbe zu empfehlen); die Rheumatologie mit ihren klar definierten Diagnosekriterien; die Radiologie mit ihrem Bildersuchspiel; die plastische Chirurgie mit ihrem Anspruch an Ästhetik…diese Liste könnte man vermutlich sehr lange fortführen.
Geprägt wird man zudem durch gute Lehrveranstaltungen, unfreundliche Oberärzte, begeisterte Assistenzärzte, Freunde, Familie und nicht zuletzt die Doktorarbeit, deren Themengebiet man am Ende vermutlich hasst oder liebt. Zu Beginn des PJs konnte ich mich immerhin auf 2-3 potentielle Fachrichtungen festlegen. Jetzt, zu Beginn des dritten Tertials, sieht es leider auch nicht anders aus. Noch bis Mai wollte ich mir Zeit geben, bevor ich ernsthaft mit der Zukunftsplanung und den ersten Bewerbungen beginnen wollte. Doch die Dinge kommen ja letztendlich immer anders.
Nach 5 Monaten im Ausland hatte ich ein Treffen mit meinem Doktorvater vereinbart: Hallo sagen, den neusten Labortratsch austauschen und den gerade geschriebenen Artikel diskutieren – das war mein Plan. Doch das Gespräch dreht sich sehr schnell, als die Frage aufgeworfen wird „Ann Arbor, wie sieht eigentlich deine Zukunftsplanung aus?“ Und ehe ich mich versehe erhalte ich ein Jobangebot, das fast zu gut ist um es auszuschlagen. Ein paar Wochen Bedenkzeit werden mir zwar eingeräumt, doch jetzt ist es soweit – ich stehe vor einer der wichtigsten Entscheidungen meines Lebens und frage mich, woher ich weiß, was das Richtige ist. Fast stündlich ändere ich meine Meinung. Woher soll man wissen was man will und was einen glücklich machen wird – nicht nur heute oder morgen, sondern auch in 10, 20, 30 Jahren – für den Rest des Lebens?
Ann Arbor
30. März 2013 um 17:25
Du musst dir immer die Möglichkeit offen lassen, dich anders zu entscheiden. Die meisten Assistenten, die ich kenne, waren schonmal wo anders. Der eine ist nach einem Jahr Anästhesie zur Inneren umgeschwenkt, der andere von der Chirurgie, noch einer hat aus der Kardio in die Nephro gewechselt… es gibt mal mehr, mal weniger krasse Brüche in der Biographie von so ziemlich jedem. Und am beeindruckensten ist, wie sehr diejenigen davon profitiert haben und ihren Ausflug in andere Bereiche zum Wohl ihrer Patienten, ihrer Abteilung und für ihre eigene Zukunft nutzen können. Also, wenn es dir Spaß macht, hab den Mut dazu es zu probieren!
5. April 2013 um 18:32
Das Problem ist, mir macht so vieles Spaß 😀 Aber du hast natürlich Recht, Wechsel sind später auf alle Fälle noch möglich und heutzutage auch keinesfalls unüblich.
30. März 2013 um 20:34
Ja, so ist das mit der Qual und auch der Wahl, oft muss man nach dem Bauchgefühl handeln….. und dann hoffen, dass es die richtige Entscheidung war.
Das Medizinstudium war auch mein Wunsch, aber mir einem Abidurschschnitt jenseits der 3,.. halt auch nur ein Traum. Durch falsche Entscheidungen, bzw. finanziellen Aspekten frühzeitige Wartesemester vergeigt und dann trotz allem in einem wunderbaren Beruf im medizinischen Bereich gelandet….. in 2 Fachbereich, einen den ich mir vor Ausbildungsbeginn gut vorstellen konnte, währenddessen völlig bei Seite geschoben habe und dann durch Zufall drin gelandet bin und einem anderen den ich während der Praktika lieben gelernt habe. Und es ist toll und abwechslungsreich, mit der Möglichkeit auch immer wieder den Fachbereich wechslen zu können, wenn auch vebunden mit neuen Fortbildungen, Kosten und wieder „Anfänger“ sein, aber die Möglichkeit zählt. Ich weiß auch jetzt schon, dass ich mich irgendwann intensiver dem zweiten Bereich widmen werde, aber noch nicht jetzt…… es ist ja auch noch Zeit.
Trotz allem, die ganzen Jahre immer wieder/ weiter der Wusnch nach dem Medizistudium…… nach einer besonders starken Wunschphase/ Grübelei nach der Zukunft die spontane Entscheidung……ich bewerbe mich einfach mal. Dann die „Hoffnung“ auf den Ablehnungsbescheid, dann braucht man wenigstens keine Enstcheidung zu treffen…….und was kommt…….natürlich der Zulassungsbescheid……ich habe mich dagegen entschieden, mit Anfang 30 nochmal komplett neu anfangen, wo man einen Beruf hat der einem soviel Spaß bereitet, einem Lebensstandart den man sich aufbaut hat, mit dem Wissen nebenher arbeiten zu müssen??? …… Ich hoffe die Entscheidung war richtig….
Ja, so ist das mit der Qual der Wahl. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner.
5. April 2013 um 18:34
Ja, dass man rein zufällig ein Fachgebiet lieben lernt, an das man vorher nicht einmal annähernd gedacht hätte, das kenne ich nur zu gut 🙂
31. März 2013 um 17:47
Liebe Ann ,
ob Du in 10, 20 oder 30 Jahren mit Deiner Entscheidung noch glücklich bist, kann Dir keiner sagen. Wichtig ist, dass es Dir Spass macht, dann bist Du nämlich automatisch auch gut in Deinem Job. Und wenn Du merkst, dass Du in eine Richtung unterwegs bist, die Dir nicht gefällt, dann ruhig den Mut haben und sagen „Stop, so geht es nicht weiter“ und eine andere Richtung einschlagen. Nach 20 Berufsjahren kann ich Dir nur sagen, dass nichts deprimierender ist als in einem Job zu arbeiten, der einem nicht mehr gefällt. Und wie mit ein wenig Mut zur Veränderung dann der Beruf wieder Spass macht.
Also mach Dir jetzt noch nicht so viel Gedanken, wie es in der weiteren Zukunft sein wird, folge Deinen Vorlieben und Du wirst sehen, dass Du damit plötzlich einen Weg findest.
Liebe Grüsse aus HD
5. April 2013 um 18:37
Danke, das klingt doch sehr ermutigend! Und am Ende ist, wie du ja sagst, das Wichtigste, dass einem der Job Spaß macht. Ich kann mir beruflich nichts Schlimeres vorstellen als sich jeden Morgen zur Arbeit quälen zu müssen und die Stunden zu zählen bis der Tag zu Ende ist.
31. März 2013 um 18:56
also aus ganz entfernter sicht wuerde ich ja sagen, dass man eher das bereut, was man nicht getan hat, als das, was man getan hat. von daher: go for it. du hast ein angebot, wenn das gut ist warum also nicht? und wenn du feststellst, dass es nichts fuer dich ist kannst du doch immernoch sagen, dass du lieber in eine andere richtung wechseln wuerdest, oder?
5. April 2013 um 18:38
Danke! Ja, wechseln kann man auf jeden Fall immer!
1. April 2013 um 16:35
Mach Dir nicht zu viele Gedanken! Wichtiger als das Fachgebiet sind oft auch noch andere Dinge: Kollegen, Arbeitszeiten… Und die findet man oft erst beim Arbeiten heraus! Und, wie oben schon gesagt: Man kann die Richtung immer ändern. Ich selbst wollte Allgemeinmedizin machen, und dann Pädiatrie, und hab in Innerer, Pädiatrie und Psychiatrie gearbeitet. Es war kein Problem, das bei meinen Bewerbungen zu erklären. Und wenns ganz furchtbar ist, kann man auch schon in der Probezeit abhauen. Also: nur Mut!
5. April 2013 um 18:39
Ich mache mir 1000 Gedanken, ich bin nicht so der Typ für schnelle, spontane Entscheidungen aus dem Bauch heraus 😀 Aber klar, du hast Recht, dass das ja absolut keine endgültige Entscheidung ist…aber trotzdem doch eine Recht große 🙂